Armenien ist ein kleines, unbekanntes Hochgebirgsland jenseits der schneebedeckten Gipfel der Kaukasusriesen. Kleiner als die Schweiz und von 2,8 Millionen Menschen bewohnt, ist Armenien unbedeutend auf der politischen Weltbühne und für internationale Konzerne wenig interessant. Armenien, das Land zwischen Europa und Asien, zwischen Abendland und Orient, wird gern vergessen.
Doch wer Armenien kennenlernen möchte, dem öffnet sich eine kleine Welt voller atemberaubender Naturschönheiten: Grossartige Gebirgslandschaften, steinige, karge Hochebenen, blumenübersäte Täler und klare Bergseen entzücken die Reisenden. Eingebettet in die grandiosen, menschenleeren Landschaften liegen unzählige Kirchen und Klöster. Gebaut wie Festungen thronen diese uralten Zeugen armenischer Baukunst über engen Schluchten oder schmiegen sich an steil abfallende Felswände. Die Meisterleistungen der mittelalterlichen Architekten erinnern uns daran, dass Armenien – das erste christliche Land der Welt – einst als grosses Königreich einen enormen Beitrag zum Kulturschatz dieser Welt geleistet hat. Das immer wieder gepeinigte Volk, das 1915 Opfer eines systematisch betriebenen Genozids durch die Jungtürken wurde, hat seine tragische Geschichte in zahllosen, bezaubernden Handschriften aufgeschrieben und illustriert. Die Tausenden von altarmenischen Schriften sind nicht nur von unermesslichem Wert für das Weltkulturerbe, sondern zeugen von der grossen Religiosität der Armenierinnen und Armenier. Der Glaube stärkte sie und gab Zusammenhalt in den schweren Zeiten von Krieg, Hunger und Verfolgung.
Armenien liegt geographisch in der Zange zwischen der Türkei und Aserbaidschan, es ist zusätzlich dem Einfluss Russlands ausgesetzt – und wird von der westlichen Welt kaum wahrgenommen. Kriegerische Übergriffe und Vertreibungen durch die übermächtige aserbaidschanische Armee schüren Angst vor einer Fortsetzung des Genozids von 1915 durch die Jungtürken. Damals verlor Armenien zwei Drittel seines Territoriums, rund 1,5 Millionen Menschen wurden bei den ethnischen «Säuberungen» ermordet.
Im Herbst 2023 vertrieb die aserbaidschanische Armee die gesamte Bevölkerung von über 100’000 Menschen aus Berg-Karabach. Wieder standen die Armenierinnen und Armenier vor der Wahl, alles zurückzulassen oder ihr Leben in Gefahr zu bringen. Das Gebiet von der Grösse der Kantone St.Gallen und Thurgau war innerhalb weniger Tage menschenleer. Geisterdörfer und Geisterstädte blieben zurück in den Bergen von Karabach, die seit dreitausend Jahren vom armenischen Volk bewohnt worden waren. Das grosse Kulturerbe dieser Menschen ist in Gefahr, von politischem Vandalismus zerstört zu werden.
Wir von Little Bridge können den politischen Wind nicht ändern. Wir können aber einigen Menschen, einigen Familien und ab und zu auch einem ganzen Dorf den Alltag erleichtern, damit sie Hoffnung schöpfen. Wir möchten eine Spur der Zuversicht hinterlassen.